In der Hölle des Nordens

Am Tag vor dem Brevet hatte ich noch was Zeit und meine Gastgeberin hatte sich bereit erklärt mich zum Abendessen zu einer Fritterie zu fahren. Wenn ich in Belgien bin, kann ich nicht anders und muss Pommes mit einer Frikandel essen. Auf dem Hin- und Rückweg bekam ich dann noch die eine oder andere Information zu Tournai. Nach nunmehr sieben oder acht Starts dort, hatte ich es bisher nur einmal geschafft mir die Stadt selbst ein wenig anzusehen. Deswegen war die kleine Rundfahrt durchaus willkommen. Eine für mich neue Information war, dass das Verlagshaus von Casterman (u.a. Tim & Struppi) in Tournai zu hause ist.

Bei meinen vorherigen Starts hatte ich mir immer ein Hotel in Lille genommen; diesmal hatte ich es mit einer privaten Unterkunft in der Nähe des Startorts versucht. Meine Unterkunft lag 4km vom Startort entfernt. So konnte ich diesmal etwas länger schlafen als sonst und konnte mit dem Rad anstatt mit dem Auto zum Startort düsen.

Der Empfang am Startort war gewohnt herzlich. Wir wurden mit Kaffee und Gebäck versorgt und die Zeit bis zum Start um 6:00 ging vorbei wie im Flug. 

Bis zur ersten Kontrolle blieben alle 39 Starter zusammen. Nach absolviertem Kontrollstopp ging es erstmal auch zusammen weiter. Am Kopf der Gruppe erkannte ich einen Fahrer wieder mit dem ich 2011 in Oostende schon mal zusammen gefahren war. Also fuhr ich nach vorne um ein paar Worte mit ihm zu wechseln. Nach kurzem Hallo fand ich mich in einem immer schneller werdenden Belgischen Kreisel wieder und gesprochen wurde gar nicht mehr. Das war nun gar nicht das Tempo das ich fahren wollte. Auf der anderen Seite hatten wir aber mindestens für die ersten 100km sehr starken Gegenwind und den Rest der Gruppe konnte ich hinter uns schon nicht mehr sehen. Also blieb ich erstmal im Kreisel – immer bemüht nicht in den roten Bereich zu kommen.

Auf halben Weg zur nächsten Kontrolle tat ich mich dann mit Jose Maria zusammen, mit ihm hatte ich meinen letzten 600er bestritten, und wir ließen es etwas ruhiger angehen. Das besonders nervige am Wind ist für mich der permanente Krach. Trotz der Watte in den Ohren freute ich mich bald auf die Abschnitte in denen ich geräuschlos dahingleiten können würde.

Nach der nächsten Kontrolle und somit etwas mehr als 100km kamen wir dann auch aus dem Gegenwind heraus. Ein paar Böen würden uns zwar hier und da noch etwas von der Seite ärgern, aber auf den letzten 100km hatten wir auch mehr oder weniger den Wind auf unserer Seite und ich auch ein wenig Ruhe.

Wettertechnisch hatten wir bis auf den Wind aber Glück. Entgegen der Prognose die immer mal Schauer versprochen hatte, blieb es trocken und über weite Strecken konnten wir sogar in der Sonne fahren.

Die Temperaturen blieben jedoch durch den Wind eher im unteren Bereich, so dass wir in der ganzen Zeit weder oben noch unten kurz trugen.

Auf halbem Weg zu Kontrolle Nummer drei verstärkte uns noch ein Dreier-Team und irgendwann später sammelten wir noch einen Einzelfahrer auf. In dieser Zusammensetzung blieben wir dann auch bis zum Ende des Brevets. Insgesamt war es eine angenehme Gruppe. Ein paar konnten Englisch so war es dann auch von der Kommunikation kein Problem.

Der Teil der Strecke der durch Frankreich verlief ist gespickt mit Soldatenfriedhöfen aller Nationen. Das ist für mich beim Abfahren dieser Strecken immer wieder etwas beklemmend. Über eine Million Menschen ließ bei der Schlacht an der Somme ihr Leben und ich fahr da durch und genieße die schöne Landschaft und das Leben.

Zum Thema Ausrüstung & Technik:

  • Auch bewährtes Equipment kann Probleme bereiten. An den Stellen wo meine Beinlinge, mit denen ich schon diverse Brevets gefahren bin, ansetzen habe ich ein paar Brandblasen bekommen. Irgendwie müssen die Dinger gescheuert haben.

  • Dies war der erste 300er den ich mit dem Domane und dem B–15 gefahren bin. Ich hatte keinerlei Sitzprobleme. Die Verspannungen im Nacken führe ich mal auf den Wind zurück und nicht auf die etwas niedrigere Sitzposition. Der B–15 ist zwar etwas schmaler als der B–17, den ich auf dem anderen Rad bisher gefahren bin aber ohne Abstriche genauso komfortabel.

  • Bisher habe ich auf meinen Brevets immer einiges meiner Vorräte wieder mitgebracht. Diesmal jedoch hatte ich restlos alles aufgebraucht. Ich hatte die Hoffnung auch nie aufgegeben, dass ich irgendwann einen Brevet fahren werde ohne sinnlos Zeugs durch die Gegend zu fahren.

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